Praxis
Dr. med. Martha Ritzmann-Widderich - Arno Widderich - Rottweil
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Geschichtliches
Die Entwicklung der Akupunktur begann vor mehr als 4000 Jahren in China.
Ein berühmter Mythos über die ersten Erfahrungen der Menschheit mit Akupunktur
erzählt von einem verletzten Krieger, dessen Wunde heilte, nachdem er von
einem Pfeil getroffen wurde. Anfangs wurden geschliffene Steine sowie Knochen-
und Bambusnadeln benutzt, um Krankheiten zu heilen. Später entwickelte sich
daraus die Therapie mit Nadeln aus Bronze, Silber, Gold und heute hochwertigem
Stahl.
Detailliertere Angaben über die Entwicklung der Akupunktur und der traditionellen
chinesischen Medizin findet man mit dem Beginn der Shang-Dynastie (1766-1122
v. Chr.). Bis zum 19. Jahrhundert fand eine stetige Entwicklung und Verfeinerung
der chinesischen Medizin statt. Dies änderte sich mit der Öffnung Chinas gegenüber
dem Westen. Durch Missionare wurde die westliche Medizin nach China gebracht
und dort anfangs so enthusiastisch aufgenommen, daß die traditionelle chinesische
Medizin ab 1929 vorübergehend sogar verboten wurde. Unter Mao Tse Tung, der
die Notwendigkeit einer Synthese zwischen westlicher und chinesischer Medizin
erkannt hatte, wurden Forschung und Lehre der traditionellen chinesischen
Medizin wieder enorm gefördert. Heute existieren beide "Medizinsysteme" in
China gleichberechtigt nebeneinander.
Die Entwicklung der Akupunktur in der westlichen Welt begann im 17. Jahrhundert.
Der Begriff Akupunktur entstand zu dieser Zeit als Wortschöpfung von Europäern
(acus = Nadel, pungere = stechen). Durch Chinareisende, welche größtenteils
Jesuitenmissionare und Diplomaten waren, gelangten die ersten Akupunkturberichte
in den Westen. Hierdurch kam es im 19. Jahrhundert erstmalig zum Aufblühen
der Akupunktur in Frankreich und später zur (langsameren) Verbreitung in anderen
mitteleuropäischen Ländern.. Neben der Körperakupunktur entstanden in den
letzten 30 Jahren weitere Sonderformen der Behandlung wie die Ohrakupunktur,
die Schädelakupunktur oder die Laserakupunktur. Letztere hat vor allem die
Behandlung von Kleinkindern erheblich vereinfacht.
Vorstellungen der TCM
Die traditionelle chinesische Medizin (TCM) versteht sich als eine ganzheitliche
Heilmethode. Das bedeutet zum einen, daß der menschliche Organismus als eine
organische Einheit gesehen wird, und zum anderen, daß auch die Beziehungen
zwischen Mensch und Natur als eine Einheit zu sehen sind. Der TCM-Therapeut
tritt sozusagen eine Schritt zurück und versucht, den ganzen Menschen und
seine Beziehung zur Umwelt zu erfassen. Die westlich geprägte Medizin dringt
im Gegensatz dazu immer weiter in den erkrankten Menschen ein und bemüht sich,
durch immer feinere Untersuchungen eine einzelne, definierbare Krankheitsursache
zu finden.
Die chinesische Medizin geht davon aus, daß einzelne "Funktionsbereiche" des
Menschen durch die Meridiane miteinander verbunden sind. In den Meridianen
fließt nach traditioneller Vorstellung das Qi, die Lebensenergie. Dieser Energiefluß
in den Meridianen folgt bestimmten zeitlichen Rhythmen und unterliegt jahres-
und lebenszeitlichen Veränderungen. Krankheiten werden aufgefaßt als Disharmonien
in den Funktionsbereichen, die durch einen zeitlich oder räumlich gestörten
Energiefluß zustandekommen. Durch die Akupunktur und durch die Kräutermedizin
kann dieses energetische Gleichgewicht wiederhergestellt werden.
Bei der Erkennung zugrundeliegender Disharmoniemuster spielt in der traditionellen
Chinesischen Medizin neben der gründlichen Befragung, dem Betrachten und dem
Abtasten die Zungen- und Pulsdiagnose eine wichtige Rolle. Ein erfahrener
Akupunkteur wir deshalb auch immer ihre Zunge sehen wollen und Ihre Pulse
fühlen.
[-> weitere Informationen zur Traditionellen Chinesischen
Medizin]
Anwendungsbereiche
Die Zahl der Erkrankungen, die sich gut mit Akupunktur behandeln lassen, ist sehr groß. Neben akuten und chronischen Schmerzen, bei denen die Akupunktur oft erstaunliche Erfolge zeigt, empfiehlt die WHO (Weltgesundheitsorganisation) 41 Erkrankungen, bei denen eine Akupunkturbehandlung sinnvoll ist. Dazu zählen: Erkrankungen der Atemwege, Bronchien- und Lungenerkrankungen, Augenerkrankungen, Erkrankungen der Mundhöhle, Magen-Darm-Erkrankungen, neurologische und orthopädische Erkrankungen. Diese Empfehlungen stützen sich auf weltweit etwa 2000 Studien, die sich mit der Wirkung der Akupunktur befassen. Ein Großteil davon stammt aus China; weit über 200 Studien wurden aber auch im Westen veröffentlicht. Umfangreiche Untersuchungen wurden in den letzten Jahren von den gesetzlichen Krankenversicherungen durchgeführt. Die inzwischen veröffentlichten Ergebnisse führten dazu, dass Körperakupunktur bei chronischen Lendenwirbelsäulen- und Knieschmerzen ab 1.01.2007 in den Leistungskatalog der gesetzlichen Krankenversicherung aufgenommen wurde.
NebenwirkungenDie Akupunktur ist im Gegensatz zu vielen Behandlungsmethoden eine Therapie,
die - wenn sie von einem erfahrenen Akupunkteur durchgeführt wird - praktisch
frei von Nebenwirkungen ist. Dennoch gibt es mögliche Komplikationen, die
im folgenden dargestellt werden sollen.
Ähnlich wie bei anderen lnjektionstherapien und wie bei der Blutabnahme kann
es während der Akupunktursitzung v.a. bei ängstlichen Patienten zu Kreislaufproblemen
kommen (Nadelkollaps). In der Regel wird die Behandlung deshalb im Liegen
durchgeführt.
Lokale Infektionen der Haut sind in der Praxis bei der Verwendung von sterilen
Nadeln und Beachtung allgemeiner hygienischer Regeln fast nie zu beobachten.
Bei der Verwendung steriler Einmalnadeln ist daher eine lokale Desinfektion
der Haut nicht nötig.
Die Schmerzen, die beim Einstich der Akupunkturnadel in die Haut auftreten
können, lassen sich durch Verwendung hochwertiger Akupunkturnadeln und einer
geschickten Nadelungstechnik, wobei die Nadel schnell in die Haut eindringt,
in der Regel auf ein Minimum reduzieren.
Gelegentlich kommt es zu einem stromstoßartigen, plötzlich einschießenden
Gefühl (De-qui-Gefühl) beim Nadeleinstich. Dieses kann auftreten, sobald die
Nadel auf den Akupunkturpunkt trifft, und es strahlt häufig entlang des entsprechenden
Meridians aus.
Ein harmloses, aber relativ häufiges Phänomen ist eine kleine Blutung, die
nach Entfernen der Nadel auftreten kann und meist zu einem kleinen Bluterguß
führt. Die Gefahr, größere Venen, Arterien und Nerven zu schädigen, ist praktisch
nicht gegeben, da diese sich bei der verwendeten Nadeldicke im Gewebe zur
Seite rollen.
Die Übertragung von Infektionskrankheiten ist durch Verwendung steriler Einmalnadeln
sicher auszuschließen. Früher wurden am häufigsten Hepatitiden (infektiöse
Leberentzündungen) übertragen.
Grenzen der Akupunktur
Die Akupunktur kann in der Regel bei Patienten jeden Alters durchgeführt
werden. Bei Kleinkindern oder bei besonders schmerzempfindlichen Patienten
empfiehlt sich jedoch die Verwendung besonders dünner Akupunkturnadeln oder
die Anwendung einer Laserakupunktur, die völlig schmerzfrei ist.
Die Akupunktur in der Schwangerschaft muß unter zwei Gesichtspunkten betrachtet
werden. Es gibt Akupunkturpunkte mit starker hormoneller Wirkung, deren Verwendung
die Schwangerschaft stören könnte. Solche Punkte werden in der Regel in dieser
Zeit gemieden. Andererseits sind die Behandlung der Übelkeit während der Schwangerschaft
und die Geburtserleichterung durch den Einsatz schmerzlindernder, beruhigender
und wehenstimulierender Punkte durchaus möglich heute auch üblich.
Bei Krebserkrankungen kann die Akupunktur unterstützend eingesetzt werden
zur Behandlung von Schmerzen bzw. der Übelkeit bei Chemotherapie. Es muß jedoch
klar gesagt werden, daß die Akupunktur nicht zu einer Heilung von Tumorerkrankungen
führt
Zu weiteren Erkrankungen, die durch Akupunktur nicht zu heilen sind, zählen
alle chronischen Erkrankungen des Nervensystems wie amyotrophe Lateralsklerose
und Multiple Sklerose. Andererseits gelingt es nach Schlaganfällen oft, durch
eine begleitende Akupunkturbehandlung den Rehabilitationsverlauf positiv zu
beeinflussen.
Kosten und Kostenübernahme
Die gesetzlichen Krankenkassen (alle) übernehmen seit 1.01.2007 Akupunktur
bei chronischen Schmerzen der Lendenwirbelsäule und der Kniegelenke mit
Abrechnung über die Krankenversichertenkarte (ohne Zuzahlung). Unsere
Praxis ist für diese Behandlung zugelassen. Es sind maximal 10 Sitzungen
pro Jahr möglich.
Seit 2004 werden (oft über die gesetzlichen Krankenkassen) Zusatzversicherungen
angeboten, die teilweise auch naturheilkundliche Behandlungen in der Arztpraxis
und damit Akupunkur abdecken, dies meist sogar bei allen infrage kommenden
Erkrankungen.
Von privaten Krankenversicherungen und Beihilfestellen wird Akupunktur als
Schmerzbehandlung erstattet.
Als Selbstzahlerleistung werden meist 25-60 € pro Akupunktursitzung berechnet,
abhängig von der Erfahrung des Therapeuten und dem individuellen Aufwand
der Behandlung.